Klimawandel: Welchen Einfluss hat die Textilindustrie?

Klimawandel: Welchen Einfluss hat die Textilindustrie? - MONTREET

Weiter geht´s mit dem nächsten Blogartikel und dieses Mal haben wir uns mit einem Thema beschäftigt, welches uns persönlich sehr am Herzen liegt: Die Überschrift hat es Dir bereits verraten, es soll heute um die Textilindustrie und den Zusammenhang mit dem bzw. die Auswirkungen auf den Klimawandel gehen. Über die Textilindustrie haben wir schon ein bisschen in einem unserer Blogartikel (Bewegung „Fashion Revolution“) geschrieben, schau gerne hier vorbei.

Was ist Fast Fashion?

Immer mehr, immer schneller – so lautet die Mission der Fast-Fashion-Riesen. In den achtziger Jahren fand Fast Fashion seinen Anfang. Unternehmen wie SHEIN, H&M, Zara und Co. bringen heute mehr und mehr Kollektionen heraus – ändern ständig ihre Ware. Frägst Du Dich nicht auch, wie es sein kann, dass die Kosten für diese Kleidungsstücke für die EndverbraucherInnen so gering sind? Einer der Top-Fast-Fashion-Riesen, eben schon genannt, ist SHEIN. Geht man etwa auf dessen Website und klickt auf die Kategorie „Damen“, so springen einem Preise wie ca. 9€ für ein Kleid oder 3,50€ für einen bauchfreien rabattierten Pullover ins Auge. Wieso kann diese Ware so günstig sein? Was denkst Du, wer trägt die Kosten hierfür?

Das System funktioniert nur, weil die Kleidung so günstig wie möglich im Ausland produziert wird – dort, wo die Produktionskosten am niedrigsten sind. Ein weiteres Problem: Die EndverbraucherInnen verwendet die Kleidung nicht lange, teilweise selten oder gar nicht. Eine Studie der Arbeiterkammer Wien und Greenpeace, die in der Kleinen Zeitung aufgegriffen wurde, macht das sehr deutlich:

„184 Millionen Kleidungsstücke, die in den Schränken der Österreicherinnen und Österreicher liegen, werden kaum, also maximal viermal im Jahr, oder gar nicht getragen.“

Damit Du Dir das ein bisschen besser vorstellen kannst: Die Greenpeace-Konsumexpertin, Lisa Panhuber, spricht hier von über einem Viertel der Kleidung (wahrscheinlich liegt die Zahl, laut ihr sogar deutlich darüber), die hier im Kleiderschrank liegt und nicht genutzt wird.

Insbesondere die jüngere Generation fühlt sich von der Fast-Fashion-Industrie angesprochen. Neben dem riesigen Absatz den Unternehmen verkaufen, wird allerdings auch ein enormer Teil komplett neuwertiger Kleidung gar nicht verkauft und damit unnötigerweise nur hergestellt.

Die Auswirkungen – ein riesiges Problem

Damit Du Dir vorstellen kannst, was für eine Rolle die Textilbranche in der Klimakrise spielt, haben wir auf der Webseite des Europäischen Parlaments nachgelesen: 

„Schätzungen zufolge verursacht die Modebranche 10 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen – mehr als interantionale Luftfahrt und Seeschifffahrt zusammen. Nach Angaben der Europäischen Umweltagentur wurden durch den Kauf von Textilien in der EU im Jahr 2020 pro Person rund 270 Kilogramm CO₂-Emissionen verursacht. Das bedeutet, dass die in der EU verbrauchten Textilerzeugnisse Treibhausgasemissionen in Höhe von 121 Millionen Tonnen verursachten.“ (Stand 2020).

Auf der Website werden daneben weitere problematische Punkte genannt. Hier ist von „Übermäßige[m] Verbrauch von natürlichen Ressourcen“, „Wasserverschmutzung“ und „Textilabfälle[n] auf Deponien“ die Rede.

Neben den Umweltaspekten sind auch die sozialen ein sehr wichtiges Thema. Hier wird von sogenannten Sozialstandards gesprochen, die leider in den Produktionsländern oftmals sehr herabgesetzt oder praktisch nicht vorhanden sind: Niedrige Löhne, das Fehlen von bestimmten grundlegenden (Arbeits-)rechten (Kündigungsschutz, usw.) und extrem lange Arbeitszeiten. Kaum zu glauben, an bestimmten Orten bis zu 16 Stunden pro Tag - zum Teil 7 Tage in der Woche. Auch Arbeits- und Gesundheitsschutz vor Ort sowie Sicherheitsstandards in Bezug auf die Gebäude sind Aspekte, welche gar nicht oder zu wenig beachtet werden.

Ein großes Problem bei der Fast-Fashion-Industrie ist daneben die Entsorgung. Dadurch, dass die Mode immer schnelllebiger wird und somit immer schlechtere Qualität zur Folge hat, ist es sowieso sehr schwer und kommt somit selten vor, diese weiterhin zu recyceln. Unternehmen wie H&M, Zara und Co. bieten zwar inzwischen die Möglichkeit, Altkleider abzugeben – doch was passiert mit diesen Altkleidern? Dass diese wirklich zu neuer Kleidung verarbeitet werden, scheint nicht der Fall zu sein – so sieht es zumindest in der Dokumentation von ZDFheute Nachrichten aus. Vielmehr wird die gut-erhaltene Kleidung weiterverkauft und die andere höchstens zu Putzlappen weiterverarbeitet. Weiterverwend-/kaufbare Kleidung gibt es immer weniger, viel Kleidung muss kostenpflichtig entsorgt werden. Teilweise sollen in Bulgarien alte Kleidersäcke sogar illegal an arme Familien verkauft und von ihnen zum Heizen verbrannt werden, dies hat natürlich Auswirkungen auf die Luftqualität bzw. die Gesundheit der Menschen.

Die Textile Kette - sie ist oftmals sehr komplex und sie braucht an vielen Stellen dringend Veränderung und Reform: Von den Rohstoffen bis hin zum fertigen Produkt – ein langer Weg wird hier zurückgelegt. Der Anbau, die sogenannte Textilveredlung, die langen Lieferkette und Transportwege, die Produktion – unter anderem diese Punkte bringen in der textilen Kette leider viele Probleme mit sich. Nennen wir beispielsweise mal ein paar problematische Aspekte bei Kunstfasern: Die Herstellung durch Erdöl und die Luftverschmutzung bei der Verarbeitung durch Kohlendioxid. Wenn Du wissen willst, was es denn nochmal mit diesen Treibhausgasen auf sich hat, dann schau doch mal bei unserem ersten Blogbeitrag dieser Serie vorbei. Aber nun, weiter im Text. Wenn die EndverbraucherInnen letztendlich das Kleidungsstück waschen, „entsteht“ Mikroplastik und auch das Kleidungsstück an sich verursacht Plastikmüll. Dich interessiert, wie und wo die textile Kette verläuft (oder verlaufen kann), welche Probleme damit einhergehen und Lösungsansätze hierfür bestehen? Schau Dir doch mal diese interaktive Karte an.

Was können wir tun?

Vieles kannst Du Dir vermutlich nun schon aus dem Text ableiten. Wichtig ist: Wir müssen aktiv werden und uns gegen die ausbeuterischen Strukturen der Textilindustrie stellen. Was kannst Du tun? Man muss ehrlich sagen: Am besten ist Verzicht. Das klingt erstmal hart und einschränkend, muss es aber gar nicht sein. Wir sind überzeugte MinimalistInnen und finden: So vieles haben wir schon in den eigenen vier Wänden! Wir leben in einer Konsumgesellschaft, in der man alles neu kaufen muss – aber warum eigentlich? Und selbst wenn Dir etwas Altes, dass du schon besitzt, nicht gefällt: Vielleicht kannst du es aufwerten? Glaub uns, das kann richtig Spaß machen.

Auch deutlich besser als neu zu kaufen: Dinge leihen oder, falls nicht möglich, gebraucht kaufen. Wie wäre es für Dich, Second Hand mal auszuprobieren? Vielleicht magst Du auch bei der aktuellen Kampagne #Secondhandseptember mitmachen? Ja wir wissen, der September ist vorbei! Diese „Challenge“ kannst du aber auch über den September hinaus in deinen Alltag integrieren. Uns gefällt auch der Gedanke, dass ein Kleidungsstück eine ganze Geschichte hinter sich hat, weil es von mehreren Leuten getragen wurde.

Auch Kleidung zu kaufen, bei denen die Lieferketten nachvollziehbar sind und Du auf eine gute Herstellung vertrauen kannst wären eine Möglichkeit. Du kannst auch mal überlegen, wo Dein letztes Kleidungsstück herkam. Eine Hilfe können beim Kauf sogenannte Nachhaltigkeitssiegel sein.

… [Es] gibt eine Reihe von verlässlichen Nachhaltigkeitssiegeln. Wer beim Kauf von Kleidung auf solche Textilsiegel achtet, trägt dazu bei, dass höhere Löhne gezahlt werden und die Umwelt weniger belastet wird.

So empfiehlt das BMUV (Deutschland) eine Website, die empfehlenswerte Siegel aufzeigt. Wir haben die Website etwas näher unter die Lupe genommen und finden, auch diese sollte man etwas mit "Vorsicht" genießen. Damit meinen wir vorallem konkret: Achte hier unter anderem auf vorhandene Bewertungen und die jeweiligen Aussagen dessen, denn Auflistung auf der Website bedeutet wohl nicht gleich, dass das Siegel wirklich so empfehlenswert ist - so unser Eindruck. Beispiel: Ob die „H&M Conscious Foundation“, die hier aufgelistet wird, wirklich so nachhaltig und/oder fair ist – das mag man vielleicht kritisch sehen (diese hat auch keinerlei Bewertungen). Empfehlenswert ist immer auch: Schau Dir jedes Siegel nochmal unabhängig von der Website unter verschiedenen Quellen an – das würden wir parallel zur BMUV-Website empfehlen.

Und dann ist natürlich auch sehr wichtig: Was mache ich mit einem Kleidungsstück, wenn ich es nicht mehr trage? Dazu könnte man auch einen ganzen Blogartikel schreiben. Also, versuchen wir es kurz und knapp: Wie wäre es, die vorhandenen Kleidungsstücke zu spenden? Hier käme beispielsweise eine Hilfsstelle für Obdachlose in Frage – wäre das vielleicht was für Dich? Beispielsweise für den Winter, es wird draußen sehr kalt und gute Kleidung ist dann so wichtig! Am besten Du liest vor Deiner Spende auf der Website nach oder fragst direkt, ob und welche Arten von Kleidungen benötigt werden. Es gib sehr viele Möglichkeiten, Kleidung zu spenden, mach dich einfach im Web schlau.

Du kennst sicher Online-Plattformen wie Vinted oder Kleinanzeigen – hier kannst du gebrauchte Kleidung weiterverkaufen. Kleidungsstücke einfach in den Müll zu schmeißen: Keine gute Idee!

Im Netz findest Du viele weitere Möglichkeiten, wie Du mit dem Thema grundsätzlich bewusster leben kannst und damit einen Beitrag zum Umweltschutz und zu einer sozialen Lieferkette (beispielsweise faire Löhne bei der Produktion) leistest. Sich auf übergeordneter Rolle zu engagieren, macht auch hier natürlich wieder den größten „Impact“ – da könnte die Bewegung „Fashion Revolution“ etwas für Dich sein – auch darüber haben wir schonmal einen Blogartikel verfasst.

Kleiner Tipp für Dich als WienerIn: Es gibt gerade eine Ausstellung im Museum für angewandte Kunst (MAK), die sich mit kritischem Konsum beschäftigt – es werden auch Führungen angeboten. Sie findet vom 30.08.2023 – 08.09.2024 in der MAK-Galerie statt – schau doch gerne mal vorbei. 

 

 

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Interesse geweckt? Hier haben wir nachgelesen

MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst (2023): CRITICAL CONSUMPTION, Wien [https://www.mak.at/programm/ausstellungen/critical_consumption, abgerufen am 08.09.2023]. 

Kauth, Anne (2021): Vom Klamotten-Kaufrausch zum Altkleider-Müllberg: Warum Recycling bei Fast Fashion nicht klappt, Mainz [https://www.youtube.com/watch?v=L4L9pRbD1ms&t=1290s, abgerufen am 26.09.2023].

INFINITE STYLES SERVICES CO., LIMITED (2023): SHEIN. Startseite / Damen Kleidung / Kleidung für Frauen, Dublin [https://bit.ly/3rBnu5o, abgerufen am 26.09.2023].

Greenpeace (2023): Fast Fashion. Mode für den Müll, Wien [https://greenpeace.at/kampagnen/fast-fashion/, abgerufen am 26.09.2023].

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV)  Deutschland (15.03.2023): Fast Fashion: Der wahre Preis der Mode, Berlin [https://www.bmuv.de/jugend/wissen/details/fast-fashion-der-wahre-preis-der-mode, abgerufen am 28.09.2023].

Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (o.J.): SIEGELVERZEICHNIS, Bonn, Eschborn [https://www.siegelklarheit.de/siegelverzeichnis#/textilien;sort:rating_desc, abgerufen am 28.09.2023].

OpenStreetMap, Bundesumweltministerium, Planet A (o.J.): Fast Fashion: Der Weg deiner Kleidung, Berlin [https://umap.openstreetmap.de/de/map/fast-fashion-der-weg-deiner-kleidung_33950#2/4.0/18.3, abgerufen am 29.09.2023].

Europäisches Parlament (29.12.2020): Umweltauswirkungen von Textilproduktion und -abfällen (Infografik) o.O., [https://www.europarl.europa.eu/news/de/headlines/society/20201208STO93327/umweltauswirkungen-von-textilproduktion-und-abfallen-infografik, abgerufen am 11.09.2023].

Mepin-Koebel, Pélagie (24.11.2021): Fast Fashion – Definition, Entstehung und Auswirkungen, Ratingen [https://bit.ly/46fUMWW, abgerufen am 29.09.2023].

Rendl, Simone (18.01.2023): WIE SHOPPT ÖSTERREICH? 184 Millionen Kleidungsstücke in den Schränken des Landes ungetragen, Graz [https://bit.ly/3RK7ZTu, abgerufen am 28.09.2023].

Linde, Verena (04.05.2023): SCHWIERIGER STOFF. Was Fast Fashion anrichtet, Hamburg [https://www.geo.de/geolino/natur-und-umwelt/folgen-fuer-mensch-und-umwelt--was-fast-fashion-anrichtet-33404968.html, abgerufen am 28.09.2023].